Sonntag, 18. November 2012

WIR WERDEN UNS WIEDERSEHEN – Selig am 17.11.2012 im Beatpol Dresden

 

So, hier isser wieder. Es war gestern der erwartet schöne Abend, der aber dennoch die eine oder andere Überraschung parat hatte. Was die Erwartungshaltung an sich angeht, habe ich euch ja schon gestern (HIER) unterrichtet und euch somit schon einmal auf den aktuellen Stand gebracht. Ein paar Stunden nachdem ich dies schrieb, schwang ich mich in den Igor und fuhr dem Elbflorenz entgegen. Dank sehr guter Autobahnanbindung ist das etwas, das man in 40 – 50 Minuten erledigen kann. Ich verbrachte den Nachmittag und Vorabend mit Familie Z. und brach dann kurz vor 8 gen Beatpol auf.

Ein Parkplatz war überraschender Weise recht schnell gefunden, zudem einer in relativer Nähe zum Beatpol und mit direkter Ausrichtung auf den Autobahnzubringer, was für die Abreise immer ganz praktisch ist, wenn man dem nachkonzertlichen Verkehrschaos im Wohngebiet entgehen will. Ich sortierte meine sieben Sachen, Griff mir ein paar Kräuterbonbons für die Wartephase, packte die finanziellen Ressourcen für den Abend ins Autoschlüsseltäschchen etc.. Eingespielte Rituale eben. Als ich dann die 200 Meter zur Venue hinter mich gebracht hatte, mußte ich erst noch kurz dem Kamerateam aus dem Weg gehen (dürften Material für die Live-DVD des kommenden Albums sammeln) und dann fix rein in den Laden. Angenehm ruhige Stimmung bereits hier. Die Sicherheitskontrolle war quasi nonexistent und nach Betreten des Raumes legte man die Jacke in einem Kabuff mit Regalen ab, was sich “Garderobe” nannte. Ich platzierte mein Jäckchen direkt vorne neben der Tür, um beim auschecken auch schnell wieder raus zu sein aus dieser Kammer. Danach erkundete ich zunächst den Saal. Sehr übersichtlich, sehr… naja, “niedlich”. Zwar nicht der kleinste Rahmen in dem ich einem Konzert folgte, denn das dürfte wohl ewig das “Marks” in Joensuu bleiben und auch die Moritzbastei (Leipzig) und der Rosenkeller (Jena) schlugen das um Längen, aber es war schon recht gemütlich. Auch das Bier war eine Überraschung. Preislich war der halbe Liter zwischen 1,50€ und 2,00€ angesiedelt, was sehr schnäppchenhaft ist. Außerdem hatten die gutes Bier, nicht diese großindustriell angemischte, charakterlose Faßplörre (Bitburger und so weiter) die man überall ausschenkt, nein, ich zum Beispiel trank als obligatorisches Konzertbierchen ein Eibauer Schwarzbier, ein sehr feiner Tropfen und mir auf Konzerten noch nie begegnet. Dann ab zum Merch und das Tourshirt gesichert. Übrigens ein sehr schickes Design dieses Jahr wie ich finde. Vor 2 Jahren war das irgendwie noch ziemlich hypnotisch dagegen, das hier finde ich so richtig, richtig schick:

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Anschließend nahm ich dann meinen Platz im Saal ein. Ich entschied mich für 10 Meter vor der Bühne, halb rechts. Theoretisch hätte ich auch locker noch weiter nach vorne gekonnt, das Absurde war, da man hinter mir dichter gedrängt stand als vor der Bühne (da waren so kleine Treppen hinauf zum Mischpult und dann nochmal zur Bar, welche bei Mitmenschen unter einssechsundsiebzig recht beliebt waren. Ich wollte die neuen Songs aber genießen, deshalb blieb ich erst einmal da. Außerdem war der Saal so klein, da man von überall einen recht guten Blick hatte – der Vorteil eines Clubkonzertes eben – wodurch das immer noch nahe genug dran war. Ich musste auch gar nicht lange warten, bis die Lichter mit insgesamt 15minütiger Verspätung erloschen und Selig sichtlich gut gelaunt die Bühne betraten. Nach einer kleinen Ansprache stieg man dann auch mit “Magma” ein, die Songreihenfolge wurde ein wenig angepasst im Vergleich zu den bisher absolvierten Gigs. Man experimentierte scheinbar ein wenig herum um die Live-Tauglichkeit des Sets zu erhöhen. Bedenkt man, daß die Songs noch komplettes Neuland waren, das Album erst im Februar erscheint, zündeten die ersten Stücke schon recht gut. Mitsingen wurde durch Klatschen im Takt ersetzt und zwischen den Songs wurde die Band ordentlich gefeiert. Angeheizt von Plewka, der einen sehr kommunikativen Tag erwischt hatte und mitunter gut gelaunt den Animateur auf der Bühne gab, wurden Stimmung und Publikum von Song zu Song besser. Der Knackpunkt war meiner Meinung nach mit “Schwester Schwermut” erreicht, dieses Lied zündete dann die Stimmungsbombe und von da an war er ganze Club auf Betriebstemperatur. Ein typisches Selig-Lied, was seinen Titel auch vollends verdient hat – vielleicht lag es auch daran, daß es so etwas wie die Initialzündung für den Rest des Abends war. Die Band versprühte Spielspaß und die recht ausgedehnten Ansprachen von Plewka ans Publikum, der mitunter auch sehr engagiert mit den Anwesenden interagierte, wirkten auch nicht nervig, sondern passten voll in den Rahmen. Die Band spielte sich nicht routiniert, sondern frisch und schwungvoll durch das neue Album, sie begeisterten ohne Abstriche. Bei einigen Soli des Herrn Neander blieb einem nur das Staunen übrig, mit dem, was der Herr an der Klampfe kann, könnte man 5 andere, durchaus gute Gitarristen erschaffen. Überhaupt sind die neuen Songs eingängig, haben einen guten Live-Punch und reihen sich trotz ihrer Frische nahtlos ins bestehende Bandrepertoire ein, die 2013er Magma – Tour kann so eigentlich nur ein Erfolg werden, dann sind dem Publikum – in dann deutlich größeren Hallen – die neuen Songs auch bekannt, was die Stimmung von Anfang an am Siedepunkt halten sollte. Ich sprach bereits die Interaktion mit dem Publikum an, diese erreichte ihren Höhepunkt, als mitten im gradlinigsten Rocker seit Jahren “Love & Peace”, Plewka und Neander von der Bühne kletterten und sich mitten im Publikum nieder ließen und für einen angebliche (werden wir noch sehen) Integration auf dem Album das Publikum in sitzender Haltung aufforderten den Refrain mitzusingen. Das hatte dann schon etwas von einer Horde Altachtundsechziger, wie wir da hockten und “Love, Peace – wenn du die Welt nicht verändern kannst, veränder dich selbst” in Richtung der Publikumsmikros raunten während die beiden mitten im Saal die Animateure gaben. An sich eine sehr gute Idee so ins Publikum zu gehen, aber ich fand es ein wenig schade, daß man dem Song so seinen gradlinigen Charakter nahm. Irgendwie passte diese hippiehafte Lagerfeuerromantik nicht so ganz in den Song – aber die Aktion an sich fand ich super und das ist ohnehin alles Geschmackssache. Dürfte ich mir einen Song aussuchen, bei dem sie diese Aktion wiederholen, dann wäre es “Ohne Dich”, der ist wie geschaffen für so ein Gruppensingen finde ich. Aber gut. Als die beiden wieder auf der Bühne standen nahm man den Song und somit auch dessen Tempo wieder auf und brachte ihn würdig zum Abschluß. Als man sich wenig später durch das neue Album hindurch gespielt hatte, beendete man unter Jubelstürmen das Mainset. Das neue Album wird auf jeden Fall ein Knaller, das kann ich nach diesen Eindrücken bestätigen. Auch wenn es erst im Februar in den Handel kommt, was diese Clubtour-Vorverkostung ja nur noch exklusiver macht.

Nach einer kurzen Pause stieg man dann in den Zugabenblock ein, der die alten Favoriten enthielt und bei dem die Stimmung während der Songs naturgemäß ohne Aufwärmphase am Anschlag rangierte. Beginnend mit “Sie hat geschrien” und “Wenn ich wollte” begann das große Feiern im Saal. Auffällig auch, daß Plewka auf seine Ansprachen zwischen den Liedern weitgehend verzichtete. Das Material ist bekannt und funktioniert fast von alleine, außerdem wurde es von empor gereckten Armen und Jubel getragen. Gepusht davon drehten die Jungs noch ein wenig mehr auf auf der Bühne als es in “Das Mädchen auf dem Dach” überging. Das folgende “Ist es Wichtig?” war wieder ein Höhepunkt des Abends. Überhaupt waren die Zugaben großartig gewählt und auch gespielt. Das sind die Songs, die “Selig” ausmachen, die den Ruf der Band begründeten und auf denen sich die Faszination der Band begründet, welche die Leute auch aus ferneren Gegenden nach Dresden pilgern ließ. Die neuen Songs werden in ein paar Jahren genau den gleichen Status haben, da bin ich mir sicher. Das folgende “Von Ewigkeit zu Ewigkeit” kann als Beleg dienen. Eines der Lieder von den letzten beiden Alben der Reunion-Phase, was trotzdem mit der gleichen Begeisterung aufgenommen wurde wie die Gassenhauer aus den 90ern mit denen geschätzte 80% der Anwesenden mehr oder weniger groß geworden sind. Das erste Encore schloß “Schau Schau” ab, nochmal ein Schmankerl. Für mich persönlich der beste Song des Abends. Band, Stimmung und Vibe im Publikum passten hier einfach perfekt. In die Luft gerissene Arme und ein mitgesungener Refrain aus einigen hundert Kehlen mischte sich mit einer sehr druckvollen und einfach nur perfekten Darbietung auf der Bühne. Die darauf folgende Pause fiel ein paar Momente länger aus als die erste, aber dennoch stand die Band nach ca. 5 Minuten wieder auf der Bühne. Plewka moderiert das wohl wuchtigste und gleichzeitig am sparsamsten instrumentierte Lied der Band an. Ein Gänsehautmoment, wenn er “Ohne Dich” anstimmt und da auf der Bühne vor sich hin leidet. Eine großartige Nummer! Verabschiedet wurden wir dann mit “Wir werden uns wiedersehen” – einen passenderen Abschluß konnten die Jungs nicht wählen. Nochmal alles geben, nochmal die Stimmung um einen herum genießen und nochmal dieses Live – Feeling auskosten… denn danach war es vorbei.

Viel zu schnell selbstverständlich, nach nur 135 Minuten, aber die hatten es in sich. Zusammenfassend kann ich nur sagen, daß sich die knapp 30 Tacken gelohnt haben für den Abend. Das neue Album überzeugt, wenn die Lieder dann auch im Publikum bekannt sind, werden sie den alten Sachen auch live in nichts mehr nachstehen. Ich freue mich schon auf das nächste Konzert was das angeht. Auf der anderen Seite war es schon ein schönes Erlebnis, sich mal in einer recht kleinen, intimen Atmosphäre ein neues Album laaaaange vor dessen Erscheinen live präsentieren zu lassen. Mal was Neues und irgendwie schon sehr aufregend, blöd nur, daß die Platte erst nächstes Jahr erscheint, das Warten wird schwer nach diesem Abend.  

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