Donnerstag, 3. Juli 2014

RELEASE–Pearl Jam im Stadio San Siro zu Mailand; 20.06.2014

 

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Ich hatte es euch ja bereits angedroht, daß es in den folgenden Tagen (und wahrscheinlich auch Wochen) noch ein paar Postings zum Pearl Jam – Urlaub 2014 geben wird. Beginnen wir – um es gleich mal klar zu stellen – mit dem absolut BESTEN von drei unglaublich guten Konzerten: Dem 20. Juni 2014 – An Evening with Pearl Jam im ausverkauften San Siro Stadion zu Mailand!

Zu Mailand wird es sicherlich auch noch etwas zu berichten geben, immerhin war es das diesjährige Hauptziel meines/unseres Musik-Travelling-Urlaubs. Aber genug gelabert, jetzt endlich her mit dem Konzertbericht… here… we… GO!

Es gibt so Tage – wenn ihr Glück habt, dann kennt ihr das auch – die sind einfach nur perfekt! Objektiv gesehen vielleicht nicht zu 100% perfekt (was ja “perfekt” eigentlich erst definiert), aber selbst die schief laufenden Sachen entpuppen sich unterm Strich dann als recht amüsant und als schöne Geschichte, die man erlebt und später einmal zu erzählen hat. Ein solcher Tag war eben jener 20. Juni. Viele werden mir da widersprechen, was OK ist, aber für mich persönlich war es das bisher großartigste Pearl Jam Konzert meiner Laufbahn. Es gab viele Dinge, die dazu beitrugen. Zunächst waren die Grundvoraussetzungen schon mal perfekt. Nach Berlin-Düsseldorf-Rotterdam-Berlin-Nijmegen-Berlin-Prag-Berlin-Stockholm sollte DAS mein 10. Konzert der Jungs werden. Im Nachhinein hätte es schier keinen angemesseneren Ort dafür geben können; höchstens die Wuhlheide wäre vielleicht noch eine akzeptable Alternative gewesen. Aber seitdem ich meine Karte geschossen hatte freute ich mich wie Bolle auf diesen Abend. Das hat natürlich mit Pearl Jam zu tun gehabt, aber auch mit meiner Rückkehr nach Italien (ich mag das Land einfach) und der Aussicht, im legendären San Siro Stadion ein Konzert meiner Lieblingsband erleben zu dürfen. Als AC Milan Sympathisant (“Fan” wäre übertrieben – den Part nimmt die Kleine Schwester ein) fand ich auch das einfach großartig. Die Vorfreude steigerte sich also mit jedem Tag, den das Konzert näher rückte. Und als wir dann in Milano angekommen waren und sich an den Tagen vor der Show die Stadt mehr und mehr mit Pearl Jam Fans füllte, da war dann das Adrenalinlevel am Anschlag. Was freute ich mich auf diesen Abend!

Die Kleine Schwester begleitete mich zwar im Urlaub, nahm aber selber nur Trieste und Berlin mit – was ich etwas schade fand. Zum Stadion begleitete sie mich dennoch, wofür ich aus orientierungstechnischen Gründen recht dankbar bin. Zumal wir ja noch einen Termin vor Konzertbeginn hatten, den ich auf keinen Fall verpassen durfte. Wir trafen uns mit der Spenderin meines Ten-Club-Tickets. Da es bei Bekanntwerden der Tour terminlich gewissen Engpässe gab konnte ich nämlich im Vorverkauf nicht rechtzeitig zuschlagen; in der Ten-Club-Ticketlottery für die begehrten Fanclubkarten ging ich im Vorfeld (bis auf Berlin) auch leider leer aus. Es war also sehr viel Glück dabei, daß ich über mein Forum dann doch noch an ein solches VIP-Ticket kam. Via E-Mail und schließlich auch SMS verabredeten wir uns mit N. in einer Bar in Stadionnähe und taten so kurz nach 14 Uhr erst einmal das, was man in Italien nun einmal so macht, wenn man Zeit rum kriegen will oder sich eben möglichst relaxt auf einen großartigen Tag einstimmen will: Ein gepflegtes (und sehr gutes) Käffchen im Sonnenschein genießen und gemeinsam eine 2 Liter Flasche Aqua leeren. Recht entspannt brachen wir dann zum Stadion auf, wobei wir scheinbar den Hintereingang wählten, denn wir schritten leere Straßen entlang bis wir dann plötzlich auf dem arg belebten Vorplatz vom Stadion standen. Praktischer Weise auch gleich am Fan-Club-Ticket Schalter. Die erste, bei den Shows mit 10C-Karten fast immer ausgiebig zelebrierte Amtshandlung bestand dann darin, daß wir die von N. abgeholten 10C-Bändchen andächtig um unsere Handgelenke legten. Es ist soooo toll, an solchen Abenden privilegiert zu sein! Smiley

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“Privilegiert?” Oh ja, denn mit den Bändchen ist Early Entry ins Stadion verbunden. Man kommt ein halbes Stündchen vor dem Otto-Normal-Konzertgänger in das Stadion hinein und hat da den unschätzbaren Vorteil, daß man mit den Bändchen in den abgesperrten Front-Of-Stage-Bereich Einlass findet – garantiert! Heißt: Man ist auf jeden Fall ganz vorne dabei. In einer Riesenschüssel wie dem San Siro ist das einfach mal Gold wert. Als wir dann drin waren, dann griff zunächst die übliche Routine: Merchstand-Bierchen! Wobei letzteres von uns ein wenig verschoben wurde, waren wir doch vom Barbesucht mit der riesen Wasserflasche noch recht gut versorgt. Das Merch sah einfach toll aus bei dieser Tour, ich erstand zunächst “nur” das exklusive Eventshirt und spontan noch einen Button für meinen hitzebedingt am Vorvortag erstandenen Hut.

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Da es Buttons gab entschied ich mich, wie ihr oben sehen könnt, das einfach die Tour über durch zu ziehen und meinen Hut zu meinem “Tour-Hut” zu machen. Eine überaus weise Entscheidung wie sich noch heraus stellen sollte. Da wir beide keine Lust hatten das ganze Konzert über mit einer Posterrolle in der Crowd zu stehen, pokerten wir dreist darauf, daß wir nach dem Konzert schon noch irgendwie eines der Poster ergattern würden; zur Not im Sale über der TenClub. Nachdem wir uns nach erfolgreicher Merchandise-Jagd bestens versorgt sahen fürs Erste genossen wir erst einmal das Stadion und die Atmosphäre in selbigem. Ich war ja nun schon im ausverkauften Berliner Olympiastadion mit einer Bruce-Springsteen-Crowd und fand das toll, aber das San Siro… das ist nochmal ne ganze Ecke verschärfter! Durch die steileren Tribünen wirkt das viel geschlossener; viel intensiver. Später am Abend sollten wir noch so RICHTIG mit Gänsehaut versorgt werden dadurch. Doch dazu gleich mehr.

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Wie bereits im letzten Posting erwähnt, verbrachten wir ohne dies groß zu thematisieren das ganze Konzert zusammen, was irgendwie ziemlich cool ist, wenn man bedenkt, daß wir uns erst drei Stunden vorher getroffen hatten und bisher meine Ticket-Deals (was vollkommen OK ist), immer knapp über die Bühne gingen bevor jeder wieder seiner Wege rockte. Wir fachsimpelten – oder “nerdeten” - also vor Konzertbeginn erst einmal ausführlich über Pearl Jam und widerstanden dem mehrmals vorbei kommenden Bierläufer. Überhaupt: Was die Italiener da so in Bauchläden durchs Stadion schleppen lassen – ein Wahnsinn! Bier, Hotdogs – so weit so gut, das kennt man auch von uns. Aber als dann einer mit Zigaretten durch kam, da horchte man schon erstmals auf. Aber das war ja noch nicht alles: Die Krönung war, als da einer mit einer Monsterpalette Zuckerwatte durch den Front-Of-Stage-Bereich eierte! Was ich nur jedem raten kann, der in Stiefelland ein Konzert besucht: Haltet euch an die festen Stände; da werdet ihr wenigstens regulär beschissen! Als wir uns dann nämlich – ironischer Weise mit der Begrünung “Jetzt haben wir ihn so oft weg geschickt, jetzt ist es nur fair unser erstes Bier auch bei ihm zu kaufen – dazu entschieden ihm ein Heinecken ab zu nehmen, wurden wir vom mobilen Italo-Bierträger erst einmal über den Tisch gezogen – zwar ausgenommen charmant, aber immer noch über den Tisch gezogen. Zwinkerndes Smiley Wir ließen es auf sich beruhen und genossen dann jeder unser eiskaltes (das muß man dem Bierläufer lassen) 7,50€ Heinecken Bierchen (0,33er Plasteflasche… nicht daß ihr hier jetzt ne ordentliche Portion vermutet). Jedenfalls hatte N. dann eine der mit Abstand besten Ideen dieses Abends: “Laß uns schon mal in den FOS gehen, mal schauen was da so los ist bisher.” Wir zeigten also brav unsere Bändchen vor am Einlaß und passierten die Absperrung. Warum wir so früh da waren? Nun, im Vorfeld wurde durch die Band angekündigt, daß vor dem Konzert das Vorrundenspiel der Italiener auf den Leinwänden neben der Bühne übertragen werden würde. Wir sollten also in den Genuß eines Public Viewings eines WM-Spiels der Italiener kommen; und das auch noch im San Siro! Da die Leinwände nunmal an der Bühne angebracht waren, machte es durchaus Sinn sich schon in den FOS zu begeben. Wir liefen in aller Ruhe auf Stones Seite entlang und stoppten dann gute 10 Meter von der Bühne entfernt. Das Stadion war mittlerweile schon reichlich halb voll; wohl alle in Erwartung der Live-Übertragung. Kurz darauf flimmerte die Vorberichterstattung über den Screen und die taktischen Aufstellungen wurden präsentiert.

JEDOCH ging plötzlich ein Raunen durch das Publikum; was sich immer mehr zu einem Jubel auswuchs. Blick auf die Bühne: Ein Mensch im Italientrikot kam mit einer Gitarre in der Hand auf die Bühne geschlurft. Könnte es denn sein… Eddie?!? HOLY FU*@/&ING SHIT!!! EDDIE!!!! Kurz vor Anpfiff des Spiels kam er mit seiner Akustikklampfe auf die Bühne und testete mal an, was denn wohl für die Stiefelländer interessanter sei: Das Länderspiel gegen Costa Rica oder ein geschmeidiges Pre-Set von ihm! Was ne dämliche Frage: PRE-SET!!!!! Die Menge drängte nach vorne und jeder, der erst später ins Stadion kam, dürfte sich ob seiner Säumigkeit in den Arsch gebissen haben! Da war dann auch – noch bevor er begann – die erste akustische Gänsehaut angesagt. Das Stadion war erst reichlich zur Hälfte gefüllt, aber wenn man da unten auf dem Rasen des San Siro steht, direkt vor der Bühne und mitten im Stadion und dann fangen geschätzte 35000 – 40000 Menschen an zu jubeln… DER HAMMER!!! Da bekommt man erst einmal einen Eindruck davon, wie es den Fußballern gehen muß, die vor ausverkaufter Hütte da antreten dürfen.

Eddie Preset

Eddie ließ sich auch nicht lange bitten sondern legte los. “Porch” als Akustikversion im weiten Rund; mal antesten, was der Abend noch so bringen würde. Die komplette Verdatterung um mich herum (und auch meine) wichen so langsam purer Freude. Das WM-Spiel war vergessen noch bevor es angepfiffen war. Pre-Set Alter, wie geil ist das denn?!? Die Dinger sind so selten eingestreut… damit rechnet kein Mensch wenn er da auf dem Konzert steht und geflissentlich sein Wucherbier vertilgt! Jedenfalls war das eine sehr, sehr feine Version und folgendes Video vermittelt euch schon mal ein bissel nen Eindruck von der Gesangsstärke eines gut halb vollen San Siro Stadions:

Der Wahnsinn! So schnell wie er erschienen war, so fix war er dann auch schon wieder weg. Gut 3 Stunden vor “Anpfiff” der Show überließ der gute Herr Vedder uns alle wieder dem Fußballspiel und dem “Ätsch!”, das wir den zu spät Kommenden implizit entgegen rufen konnten. Ja, man stand schon massiv geflasht da in seinem Innenraum – was bitte war denn das jetzt?! Wir halten also fest: 10. Pearl Jam Show, erstes Pre-Set! Smiley mit geöffnetem Mund Hammer! N. und ich setzten uns erst mal auf den Hallenboden – den Bildschirm immer im Blick – und verfolgten die am Ende leider recht fruchtlosen Versuche der Italiener den Costa Ricanern fußballerisch bei zu kommen. Zur Halbzeit stürzte ich mich dann erst einmal in den Kampf um die Dixies und beglich meine Bierschuld vom Abzockheini, indem ich (nun aber am regulären Stand) die zweite Runde organisierte. Dabei fiel dann im Übrigen auch das Tor für die Reichküster; bezaubernder Weise genau in dem Moment, wo ich der Verkäuferin das Geld in die Hand drückte, was sie dann mit einem “OHHH NOOOOO!!! FUCK, FUCK, FUCK!!!!!” quittierte. Ich war erst irritiert, nach einem Blick auf die Leinwand lag mir aber ähnliches auf der Zunge. Nach Abpfiff hatten wir ein wenig befürchtet, daß die Niederlage die Stimmung im San Siro dann doch ein wenig drücken würde – was sie aber Gott sei Dank nicht tat. Man lungerte halt noch eine gute Stunde im sich nun merklich füllenden Stadion herum. Meine Lieblingsbeschäftigung in diesen Minuten war übrigens das Drehen um die Eigene Achse (in angemessener Geschwindigkeit natürlich). Das Stadion ist wirklich beeindruckend! Wenn es voll ist noch mehr als so schon. Es ist keine dieser funkelnden Multifunktionsspielstätten, sondern im Grunde genommen ein ziemlich kompakter Betonklotz der alten Schule. Allerdings die Art Betonklotz, wie ihn nur ein Italiener hin stellen kann. Ein Betonklotz mit Stil – und Eleganz (beim Hinausgehen die Massen sich die Spiralgänge herunter schlängeln zu sehen… Träumchen!). Die Italiener bei uns im FOS, ja, von denen gab es auch den einen oder anderen, hatten dann noch eine kleine Überraschung zur Wartezeitverkürzung parat. Gab ein sehr, sehr schönes Bild ab, ein paar Minuten lang diese Ballons über der Menge tanzen zu sehen.

Ballons

Nun, da wir endlich kurz vor dem Beginn des Konzertes stehen (HA! Ist kaum aufgefallen mein ganzes substanzloses Gelaber bisher, oder?!? Zwinkerndes Smiley), so wollen wir nochmals inne halten, liebe Gemeinde. Wir wollen uns derer Blogeinträge erinnern, die bereits vergangen sind und ihrer gedenken, denn sie werden so nie wieder geschrieben werden müssen! Worauf ich hinaus will? Na, ganz einfach: HIER schrieb ich folgendes persönliches Tourziel nieder; ich zitiere:

“1. Es wäre an der Zeit, mich endlich von meinem “Release”-Trauma zu erlösen. Statistisch gesehen der “häufigste” Opener, aber bei meinen Konzerten noch nie dabei. Dabei ist der Song sooooooooo schön, soooooooooooo großartig!!! Also bitte Jungs, faßt euch ein Herz! Perfekt wäre übrigens Mailand – nur mal so.”

Zitat Ende! Ich kann mich an die 9 Konzerte davor erinnern. Vor jedem – ich wiederhole: JE-DEM einzelnen Gig hoffte ich darauf, daß sie die Show endlich mal mit Release eröffnen würden! Das taten sie nie, was ja in dem Moment auch nie wirklich ein Problem war, denn die Alternativen waren hochkarätig! Allerdings fehlt mit über 8 Jahre hinweg immer irgendwie etwas; die vergebliche Jagd nach “Release” wurde schon so eine Art Running Gag in meinem PJ-affinen Umfeld. Für diese Tour hatte ich nun aber wirklich Hoffnung; wenn nicht bei der 10. Show, so sollte es doch wenigstens in der Wuhlheide kommen, wo ich das Dutzend voll machte. Trieste wäre mir zur Not auch recht gewesen, allerdings mit Tribünenkarten… naja, lieber mitten drin! Zwinkerndes Smiley Ich hab das an jenem Tag auch jedem der es hören (oder auch nicht hören) wollte mehrmals unter die Nase gerieben, daß das sooo perfekt wäre, wenn sie heute mit “Release” eröffen würden – ich glaube ich bin damit vielen Menschen auch ziemlich auf den Sack gegangen! Jedenfalls stand ich da dann im Innenraum, auf mich dröhnte das Stadion akustisch von allen Seiten ein und ich war wieder in meiner anderen Welt. Da es auf der 2014er Tour kein Intro gab, reagierte das San Siro dann irgend wann auf die anspringenden Bildschirme. Diese zeigten in schwarz-weiß die Bühne und die Band, wie sie sich entspannt auf selbige begab und zu den Instrumenten griff. Das Stadion sprang sofort an und ich sah mal wieder das Pearl-Jam-Phänomen um mich herum: Überall glückliche Menschen! Das Witzige in diesem Moment war, daß ich nicht im Entferntesten daran dachte, was denn nun der Opener sei wird. Es war mir einfach klar!

Ich kriege jetzt noch Gänsehaut, wenn ich das Video anschaue!!! Zumal der Filmende direkt vor uns gestanden haben muß – der Typ, der am Anfang links das Basketball-Trikot hoch hielt, der tat das nämlich auch. Der Abend ging schon mal so los, wie es meinerseits nur als “perfekt” zu beschreiben ist. Man glaubt ja nicht dran, man zweifelt ja die ganze Zeit an dem, was man sich da ausgemalt hat. Aber wenn dann plötzlich tatsächlich, live, in Farbe und so ganz in echt das großartige “Release” durch das Stadion wabert, dann schwebt man einfach nur noch laut mitsingend und mit empor gerissenen Armen in den Abend hinein und weiß: “Was jetzt noch kommt, das ist alles Zugabe”! Das war der perfekte Start in dieses Konzert, am perfekten Tag dafür in der perfekten Location! Ganz großes Kino!!!

Und die besagten “Zugaben” für diesen Abend waren auch allererste Sahne. Nachdem “Release” – ich kann es gar nicht oft genug sagen: RELEASERELEASERELEASERELEAAAAAAAAAASE!!!!! – das Mainset eröffnet hatte, wurde mit “Nothingman” gleich die zweite höchst selten ausgepackte, aber großartige Low-Tempo-Nummer ausgepackt. Was für eine Eröffnung Leute! Nothingman ist auch einer meiner All-Time-Favorites aus der ruhigeren Song-Fraktion der Jungs. Als dann “Sirens” einsetzte, da hatte die Freude erst gar keine Chance zum Abebben. Das ist nach dem genialen Pendulum die beste langsame Nummer auf der “Lightning Bolt”. Nachdem ich (wie üblich9, zunächst ein paar Probleme mit dem Song hatte, ging er nach einer Woche Hören dann plötzlich durch die Decke – ich hatte mich auf dieses Stück live mal so richtig gefreut! Die Jungs ließen mich an dem Tag einfach nicht lange warten – Pre-Set zur Wartezeitüberbrückung, dann “RELEASE” als Opener der ersten “meiner” Shows und dann Sirens so früh im Set. Mit der nächsten Nummer hat dann so früh keiner gerechnet – ist sie doch normaler Weise wesentlich später am Abend untergebracht: “Black”! “Black” ist so ziemlich die Pearl Jam Ballade schlechthin. Auch an nur halbwegs guten Tagen killt dieser Song emotional einfach alles was man bis dato von anderen Bands gehört hat und man steht nur noch mit offenem Mund und Pippi inne Augen in der Menge! Wie gesagt: “halbwegs gute Tage”, Mailand war kein “halbwegs guter Tag”, Mailand war in jeglicher Hinsicht am Anschlag!

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Auch wenn es im Stadion noch relativ hell war – dieser Song und diese Lichtshow zündeten vollends! Vier langsame Songs zum Einstieg – ein Hineingleiten in das Konzert mit ganz, ganz großen Momenten war das. Diesen Stark hätte keiner erwartet, aber er funktionierte wieder einmal perfekt. Was dieses Quartett aber auch recht gut schaffte, war, daß es weiterhin Spannung aufbaute; und das wußten die Jungs nur zu genau. Es braucht dann nicht viel um diese Spannung zum detonieren zu bringen. Im San Siro reichte ein Funken namens “Go”! Nicht nur man selbst sprang bei den ersten Takten reflexartig in die Luft, auch um einen herum gingen die Leute plötzlich steil. Wie auf Kommando wurde aus der verträumt vor sich hin singenden, sich von “Release” (Leute: “RE-LEASE!!!”) bis “Black” langsam hin und her wiegenden Masse von 66.000 Menschen ein brodelnder, springender Kessel. Das San Siro bebte! Naturgemäß sortiert sich in solchen Momenten auch das Publikum ein wenig. Nachdem wir kurz von ein paar deutlich angetrunkenen Engländern ein wenig zu hart angepogt wurden, sodaß selbst ich Probleme hatte mich halbwegs auf den Beinen zu halten, merkten die recht schnell, daß sie lieber drei Reihen weiter vor in den Pit verschwinden sollten. So war nach der Hälfte von “Go” schon wieder nur vertretbarer, weil gesundheitsschonender Körperkontakt mit schwitzenden, springenden Fremden angesagt – und das sollte auch bis zum Ende des Konzertes so bleiben. Dieser FOS war einfach perfekt. Man hatte angenehm Platz um sich herum um zu springen, zu tanzen und abzugehen, aber es war auch wieder nicht zu viel Platz. Wirklich eine runde Sache das Ganze und meine Befürchtungen über italienische Moshpits aus dem Vorfeld wurden komplett entkräftet. Die Band legte den Schalter gar nicht erst wieder um und semmelte uns ein frühen “Do the Evolution” und das intensiv mitgeschriene “Corduroy” um die Ohren. Dieses Duo ging dann in “Lightning Bolt” über. Der Titelsong des "neuen” Albums und auf diesem ehrlich gesagt eher eine unscheinbare Nummer. Allerdings sind Pearl Jam ein Live-Band, die sich irgendwie instinktiv ihre Songs auch so schreibt, daß sie vor allem live zünden; “Lighting Bolt” tat das auch – und wie! Eine tolle Version, zumal sie die Massen im Stadion in Schwung hielt und man sich permanent mitten in einem enorm lauten Chor wähnte (der “Hallelujah” – Chor bei DTE war in diesem Setting einfach mal der absolute Gänsehautgarant). Das hingerotzte, nach vorn stürmende “Mind your Manners” setzte diesem Austob-Part dann nochmal die punkige Krone auf. Auch hier war alleine der Refrain ein Erlebnis im Innenraum. Jetzt, da wir alle gut durchgeschüttelt, verschwitzt und mit angeschlagenen Stimmbändern vor ihnen Standen, da packten Pearl Jam ein Mal ganz ganz tief in die Raritätenkiste; rührten ein Mal kräftig um und zauberten “Pilate” heraus. Ja, “PILATE”! Das konnte doch keiner wissen, sonst hätte ich mich doch schick gemacht… die Herren! Dicker Haken an diesen Song in der persönlichen Statistik; auch wenn selbiger Haken vorher nicht für möglich gehalten war. Auch hier zeigte sich, daß das die Italiener diese Band einfach mal lieben – auch bei solchen seltenen Gästen auf der Setlist herrschte Textsicherheit und jede Menge Stimmung im weiten Rund. Kein Abflauen, NIX, alle schienen einfach nur glücklich zu sein, daß sie hier dabei sein dürfen. Der Seltenheitscharakter wurde dann fort geführt mit einem meiner absoluten Lieblingsdoppelschläge: “Untitled” & “MFC”. Fast immer zusammen gespielt sind die beiden Songs einfach nur ein wunderschönes Duo, was jede Setlist ziert. Einen Tick druckvoller gespielt als damals in Berlin, wohl auch dem ganzen Drive des Abends zu verdanken. Bemerkenswert; zumal es die Anwesenden in jene gute-Laune-Stimmung versetzte die für die Live-Granate im Anschluß die perfekte Vorbereitung darstellte – für das mächtige “Given to Fly”. Für mich ist dieser Song DER Beweis schlechthin, daß Pearl Jam eine unglaublich gute Liveband sind. Was sie aus dem Lied immer wieder machen, was sie da heraus holen und wie sie es ausufern lassen können – das ist schon Wahnsinn! Es ist sehr oft auf ihren Setlists, aber auch aus Gründen! Wer so einen Song im Repertoire hat, der soll ihn verdammt nochmal auch spielen. Gas war wieder einmal ganz großer Sport… und zwar auch deshalb, weil der Herr Vedder es doch tatsächlich schaffte, den Text der ersten Strophe zu vergessen. Aber halb so schlimm… Mailand half da gerne aus und am Ende wurde eine richtig tolle Version daraus. Als alle noch leicht amüsiert über Eddies Fauxpas schmunzelten, da traf uns schon der nächste Hammer. Das wunderbare “Who You Are” wurde eingestimmt!!!! Momentchen… ich gehe nochmal in meinen Pre-Tour-Posting:

“2. Mir fehlen noch 6 Songs von meinem Lieblingsalbum, der No Code, in der Statistik. Ich weiß, daß ihr diese Songs kaum bis gar nicht spielt, wie ihr das ganze Album aus unerfindlichen Gründen eher ignoriert auf den Setlists. Jedoch wäre ich euch sehr verbunden, wenn da ein oder zwei Songs am 27. Juni mit einem Häkchen versehen wären bei mir.”

*Check* – “Who you Are”! Smiley mit geöffnetem Mund Einer meiner Lieblingssongs überhaupt und er brach derart überraschend über uns herein, daß man nur da stehen und sich verblüfft über die sich weiter steigernde Großartigkeit dieses Abends freuen konnte! Ich schwebte förmlich durch diesen Song. Da fing es an, daß ich absolut keine Orientierung mehr hatte, wo im Set wir ungefähr waren. Ich ließ einfach nur noch Song um Song auf mich einströmen und Pearl Jam spielten Gott sei Dank auch genau das – einen Song nach dem anderen. Man hatte sich gerade wieder etwas gefangen, da hagelte es auch gleich das nächste Highlight: “Sad”! Ich hatte es 2007 in Düsseldorf schon einmal, an einem Abend, von dem es leider kein vernünftiges Bootleg gibt bis heute. DAS soll 2014 aber anders werden! Und diese Version, meine Herren, diese Version hat es auch sowas von verdient! Dieser treibende Song, diese eingängigen Riffs… großartiges Gefühl dabei gewesen zu sein! Beim Refrain riß ich streckenweise einfach nur meinen Tourhut empor und stimmte in den 66.000er Chor mit ein – ein großartiges Gefühl. Als “Sad” dann verklungen war, fiel mir auf, daß es dann doch schon recht weit im Main Set war und bislang noch kein “Even Flow” gespielt wurde. Sie werden es doch nicht wieder weg lassen…?!? Spontan von dieser Erkenntnis gepackt raunte ich das in der Songpause N. zu (OK, ich gebe zu: Das ist auch so ein Nerdfact, daß man schon merkt, wenn Even Flow mal fehlt); noch während sie zum zustimmenden Nicken ansetzte… was soll ich sagen: “Even Flow”! Zwinkerndes Smiley Ich mag den Song einfach, mochte ihn schon immer! So kann ich auch die ewigen Nörgler nicht verstehen, die den am liebsten aus den Setlists verbannt haben wollen weil “zu oft gehört”. Ich hatte ihn auf 11 meiner nunmehr 12 Konzerte und bin der Meinung, daß eines ohne “Even Flow” auch reicht. Ich habe ihn ja nicht umsonst zum Namenspaten für meinen Forumsnick auserkoren. “Even Flow” geht immer – und er geht immer ordnungsgemäß ab! Hach ja, sehr schön! Auch der Band beim Jammen im Mittelpart zu zu sehen war die reinste Freude. Vom kollektiven Gespringe während des Songs und der akustischen Kulisse mal ganz zu schweigen. Danach war wieder die Zeit für einen Song der “Lightning Bolt” reif und uns wurde eine absolut grandiose Version von “Swallowed Whole” geboten. Der Song erinnert mich in seiner Wirkung als Live-Version massiv an “Unthought Known”. Er ist einfach für die Bühne geschaffen und keiner, aber absolut keiner kriegt es fertig dabei ruhig stehen oder sitzen zu bleiben. Das nun folgende “Setting Forth”stieß dann in das gleiche Horn. Ich finde es toll, daß sie den Song, der ja eigentlich von Eddies Solo-Album ist, auf eine Band-Version umgeschrieben haben. Und dann, ja dann wiederholte sich einer meiner absoluten Highlightmomente aus 2012. “Setting Forth” ging wie damals in Prag nahtlos in “Not for You” über – dieser Übergang ist einfach nur Wahnsinn! Und “Not for You” obendrein einer meiner Lieblingssong; Jugenderinnerungen kommen da hoch! Wie ich mir damals 1998 in London aus einem Record Store die Single holte (und noch ein paar andere… *hüstel*) und den ganzen Tag mein Glück diese Silberlinge aus dem hintersten Regal gewühlt zu haben kaum noch fassen konnte. Ich glaube, damals hat mich erst der Besuch im (damals noch “alten”, also “originalen”) Wembley-Stadion wieder in die normale Welt zurück holen können. Dieser treibende, basslastige Groove – göttlich!

Mit “Why Go” und dem in diesem Jahr schier zur Perfektion gereiften “Rearviewmirror” beendeten die Jungs dann das Main Set. “RVM” war dabei ein reinster Rausch. Dieser Roadtrip von einem Song, der sich dann langsam aber stetig beschleunigt und in jedem verfluchten Refrain förmlich explodiert – der perfekte Closer für das Set, zumal die Band dann auch noch zum Schluß nochmal alles aus sich heraus holte und alles, aber auch wirklich alles platt jammte, was bei drei nicht auf den Bäumen war.

Als die Jungs sich dann verabschiedet hatten, standen wir erst einmal alle da, als hätten wir den Bus verpasst. Jeder hatte diesen fassungslosen “Was zum Teufel ist hier gerade passiert”-Blick aufgelegt, war gleichzeitig aber sichtlich zufrieden und glücklich mit dem, was er da gerade erleben durfte. Das ist zwar normal bei Pearl Jam, allerdings diese Ausprägung wie in Mailand, das hatte schon nochmal etwas ganz Spezielles. Kurz noch versucht einen klaren Gedanken zu fassen und etwas auch nur ansatzweise Sinnvolles als Auswertung des Abends so far zu formulieren. Es sei verraten: Es gelang mir nicht.

Aber bevor man großartige Gespräche anzetteln konnte (mal abgesehen von dem dicken Mann aus Manchester, der mir ohne erfindlichen Grund (ich sagte ihm, daß ich Deutscher bin… der fand das super) eine Double-High-Five anbot, die ich selbstredend annahm) standen die Jungs schon wieder auf der Bühne. Oder besser: sie saßen. Man hatte sich ein paar Hocker mit gebracht und Eddie hatte somit Gelegenheit sein geschundenes Bein zu schonen (seit Mitte des Mainsets konnte er kaum noch auftreten und hüpfte im Wesentlichen auf einem Bein über die Bühne). Man verwöhnte unsere Ohren zunächst mit einer zauberhaften Version von “Yellow Moon” – der Song ist live einfach nochmal ne Spur geiler als auf dem Album – und da ist er schon bombig! Was für eine Performance! Danach gab es dann eine ebenso semi-akustisch arrangierte und überraschend erfrischende Version von “Elderly Woman”. Ich hatte den Song jetzt 11 Mal im Programm – aber in Mailand war er vom Feeling her durch diese Änderung in der Interpretation einfach noch einmal was ganz Besonderes; so hat man ihn vorher noch nie gehört (ich zumindest nicht). Man tat es sich selbst gleich und brachte zu Beginn des Encores einfach wieder vier ruhigere Nummern. Die nächsten beiden passten da perfekt in den Abend und auch perfekt zu einander. Die zweite war das live recht häufig auftauchende “Just Breathe”, das einfach ein richtig toller Song ist, den man gerne dazu benutzt ihn irgend wem zu widmen. Dieses Mal war es nicht “irgend wer”, sondern Eddies Frau, welche er vor 14 Jahren in Mailand – huch, welch Zufall – kennen gelernt hat. Nennt mich melancholisch, aber ich fand, daß man das dem Lied auch deutlich angehört hat. Aber vor dieser kleinen Liebeserklärung brachten sie noch einen ganz besonderen Song. Das wunderbare “Thin Air” taucht viel zu selten im Liveprogramm auf – was es an diesem Abend nur umso genialer machte dabei zu sein, als es gespielt wurde. Im Wesentlichen ist es aber einer der Songs auf der “Binaural”, die mir 2000 das Leben erst ein wenig schwer machten, aber mit einem Mal zündeten, als ich das Album verstanden hatte. Es ist seltsam, es machte irgendwann einfach “klick” und die Scheibe, die ich einige Wochen (!!!) verständnislos ignoriert und als “erstes mieses PJ-Album” abgetan hatte, sie war urplötzlich da; ich hatte verstanden, was die Jungs eigentlich von mir wollten mit diesem Album. Einen sehr hohen Einfluß dabei hatte “Thin Air”, fand ich es erst seltsam, war es plötzlich einer meiner Lieblingssongs und da ich die CD über Monate eigentlich nicht wieder aus dem Player nahm, kannte ich es bald in- und auswendig. Es war traumhaft, dieses Lied zu hören!

Danach wurde es wieder etwas schneller – aber nur etwas. Man brachte zur Gewöhnung an schnellere Songs zunächst ein mit drei Tags verziertes “Daughter”, wobei man Mailand neben “WMA” (hach… Erinnerungen an Berlin 2006; Konzert Nr.1) auch noch das geniale, heiß ersehnte “It’s OK” – Tag gönnte (hach… Erinnerungen an Berlin 2012, da wurde ein Traum wahr… und in Mailand gleich nochmal)! Das ewige “Jeremy” brachte das San Siro dann nochmal amtlich zum Kochen, bevor bei “Better Man” wieder die große Chorzeit angebrochen war. Ein Song, wie geschaffen für die große Runde, ein Intro, das am Besten kommt, wenn Eddie sich einfach raus hält und die erste Strophe dem Publikum überläßt. Madrid 2006 ist ein Paradebeispiel dafür gewesen… dieser Song ist ein Endorphinspender ohne Gleichen. Ich war nass geschwitzt, mir taten vom dauernden Springen die Füße weh und ich hatte Durst… WHO CARES?! Der Abend wurde einfach immer und immer besser. Als dann im Anschluß noch einer meiner Lieblingsrocker von der Bühne schallte, da mußten die geschundenen Füße nochmal ran – und zwar BIG TIME! Mit der Vinyl-Hymne “Spin the Black Circle” gab es nochmal so richtig auf die Zwölf. Mitschreien im Refrain und abgehen in der Menge waren die Losungen in diesem Moment.Richtig gute Nummer; in einer Killer-Version dieses Songs. Die Jungs waren einfach unschlagbar gut drauf und hatten sichtlich Gefallen daran gefunden diese brechend volle Location zum Beben zu bringen. Das bewies auch das brettharte “Lukin” im Anschluß. Der rotzige Einminüter von der “No Code” kitzelte nochmal alles aus der Crowd heraus. Unnötig zu erwähnen, daß auch dieser Song bei mir in die Kategorie “Lieblingslieder” fällt – wie eigentlich so viele Stücke dieser großartigen Band. Das erste Encore fand dann sein Ende mit “Porch”. Ja, “Porch”… da war doch schon mal was… ach ja richtig, das Preset! Allerdings diesmal donnerte dieser Song mit der ganzen Kraft der kompletten Band hervor und ähnlich wie bei “RVM” am Ende des Mainsets artete es zu einer Jamsession auf der Bühne auis, die vom kompletten Stadion einfach nur massivst abgefeiert wurde. Es war ein würdiger Abschluß für den ersten Zughabenblock. Als das letzte Riff verklungen und Pearl Jam fürs Erste wieder von der Bühne verschwunden war, stellten N., die offensichtlich genau so geflasht war wie ich  - wie jeder Einzelne um uns herum, und ich verwundert fest, daß das jetzt doch mindestens 10 Songs waren. Ich nehme es vorweg – es waren exakt zehn! Ein Encore mit 10 Songs – der Hammer! Dabei wurden auch einige Songs etliche Minuten länger gespielt als auf der Albumversion; so engagiert und schon fast tranceartig ergaben sich die Herren in ihre Jamsession-Parts.

Es dauerte nicht lange, da kehrten Pearl Jam unter tosendem Applaus für das finale Encore auf die Bühne zurück. Die Stadionatmosphäre schlug nochmal so richtig zu, während sie da wieder an die Instrumente schritten. Es folgte eine kleine, aber ziemlich ergreifende Ansprache von Eddie – man merkte ihm ziemlich an, wie beeindruckt er dann doch von der sich ihm bietenden Kulisse war. Normal ist das für Pearl Jam nämlich nicht unbedingt, vor derartigen Massen in den größten Stadien der Welt zu spielen. Was nun folgte war so etwas wie der kollektive Gottesdienst der Gesegneten, die sich für dieses Konzert eine Karte erhaschen konnten. “ALIVE” war angesagt! Nach wie vor ist das DIE Hymne der Band. Von der Energie her, die von der Band und vom vollen San Siro auf uns Glückliche Horde da vorne im FOS – die wir sie ja fast alle im Rücken hatten – einströmte war das verdammt nochmal die geilste Alive-Version die ich bisher gesehen habe! Das war ein Rauschzustand da unten! In folgendem Video kann man es ein wenig erahnen, zumal ja auch das Publikum mit eingefangen wurde. Besonders Deutlich wurde es dann als das Licht beim folgenden “Rockin in the Free World” im Stadion ansprang:

Kleiner Funfact am Rande: Dank meines Tour-Hutes war es mir ein Leichtes, mich in der Masse aus zu machen. Wer mir also gepflegt beim Rocken zuschauen will, der orientiere sich einfach an diesem Screenshot:

me alive

Schon witzig… da isser, der Onkel und hat keine Ahnung, daß er gefilmt wird! Smiley Das Angehen des Stadionlichtes war dann auch das Zeichen, daß die letzten beiden Songs anstanden. Gut, “RITFW” ist immer ein Garant für ein gelungenes Finale. Ein richtig guter Rocker mit jeder Menge Drive, der die Zuschauer nochmal so richtig in seinen Bann zieht. Aber auch hier pushte die Location nochmal tüchtig. Ihr macht euch ja keine Vorstellung, was das für ein Gefühl war da vorne, wenn dieser Stadionchor von allen Seiten auf einen einströmt beim Refrain und von vorne noch Pearl Jam dagegen hält. Das ist der Wahnsinn schlechthin! Wir waren jeder in seiner ganz persönlichen Pearl Jam Welt – und wollten da eigentlich auch nicht wieder weg. Ich glaube, ich spreche da für alle 66.000 Parallelgesellschaften an diesem Abend. Aber auch die großartigsten Konzerte müssen mal ein Ende haben. Dieses endete klassisch mit Yellow Ledbetter. Der Song bringt einen sanft aus dem Konzert hinaus. Kein brutaler Rocker, kein (bei passenden Setlists im Vorfeld einfach unschlagbar schönes) Indifference – nein, ein musikalisches “Kommt gut nach Hause und passt auf euch auf” der Band an die Getreuen zu ihren Füßen. Bis zur letzten Note wurde der Song ausgekostet. Ich stand dann während Mikeys Schlußakkorden nur total geflasht da und war igendwie zu keinem klaren Gedanken fähig. Das Erste, was mir dann doch einfiel war sinngemäß: “Unfassbar! Und du wirst sowas in der nächsten Woche noch zwei Mal erleben…!”

Während um uns herum die Aufbruchstimmung los brach stand das Grüppchen, das um uns herum mitgefeiert hatte noch ein oder zwei Minuten ziemlich beeindruckt und fassungslos da. Irgendwann muss man aber den Träumerblick abschalten und schauen, daß man raus kommt aus dem FOS, insbesondere, wenn man sich vorgenommen hat noch ein Poster zu erstehen. So schlängelten N. und ich uns zügig durch die trägen Massen und steuerten, erst einmal aus dem FOS heraus, zielstrebig den Merchstand an. Dank meiner vertikalen Wuchsvorteile erkannte ich über die Köpfe der Wartenden hinweg, daß es sich wohl ausgepostert hatte! Trauriges Smiley Ein Drama! Sollte dieser geniale, dieser denkwürdige Konzertabend am Ende ohne original Mitbringsel für die Wohnungswand bleiben? Ohne gerahmtes Kleinod, das einen bei jedem Blick darauf an das Konzert erinnert und lächeln läßt? Verdammt! Aber wir hatten ja noch eine Chance – den zweiten Merch-Stand auf der anderen Seite des Innenraumes. N. und ich sprinteten praktisch ein mal längs über den Platz. Man könnte sagen wir “maldiniten” durch das San Siro und umgingen die Stewards, die schon den Innenraum mit Absperrband räumten und anfingen die Besen zu schwingen. Am Merch angekommen – POSTER! Es gab sie noch, allerdings in recht überschaubarer Anzahl. Ich stürzte mich in die Schlacht und scheue mich nicht zuzugeben, daß ich im Zuge dieser Posterbeschaffungsmission nicht gerade zimperlich war. Zwischendurch schob mir N. noch die Kohle für eines der Poster zu (keine Ahnung, wie sie den Weg durch das Gedränge fand – aber irgendwie klappte es). Nach nicht einmal drei Minuten stand ich vorn in der zuvor doch recht kompakten Menschenmasse, die sich da um den Thresen scharte (na huch… wie ist das denn passiert). Erneut meine Grüßenvorteile ausspielend beugte ich mich über das Geländer, fing einen Verkäufer akustisch ab und orderte zwei Pösterchen! Keine Sekunde zu spät, denn so weit ich erkennen konnte waren da nur noch maximal 10 Poster und eben so viele Posterrollen auf Lager. Jeweils zwei davon heimste ich ein. Da nun die von mir so unsanft beiseite geschobenen Italiener aus unerfindlichen Gründen nicht einsahen, mich da widerstandslos wieder durch zu lassen, reichte ich die Poster zunächst über deren Köpfe (-> vertikaler Wuchsvorsprung) an N. weiter und bahnte mir dann irgendwie doch meinen Weg aus dem Gedränge.

Poster

So sieht das gute Stück im Übrigen gerahmt und an meiner Wand aus. Smiley mit geöffnetem Mund Es wäre ja auch eine Schande gewesen, an diesen Tag keine bildhafte, künstlerisch und ideell wertvolle Erinnerung zu haben. Auch noch eine, auf der “San Siro Stadium” steht! Gut versorgt mit Merch konnten wir nun das Stadion beruhigt verlassen. Beim Hinausgehen fiel mir dann noch die anfangs schon beschriebene Eleganz des Stadions auf. Wie gesagt: Wenn sich tausende die korkenzieherhaften Spiralgänge hinunter schlängeln und dieser Strom dann irgendwann in den eigenen mündet – das sieht schon beeindruckend aus.

Vor dem San Siro angekommen mussten wir erst einmal an einer Armada von Fressständen vorbei. Es sollte angemerkt werden, daß es die Italiener hinbekommen haben, daß derzeit keine – ich wiederhole: KEINE direkte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr besteht, wenn das San Siro voll besetzt ist. “Shuttle Busse” sagt ihr? Ich lache mal laut! Zwei Drittel des Weges zur Metro legten wir noch gemeinsam zurück, dann verabschiedeten wir uns mit der Feststellung, daß dies ein absolut genialer Konzertabend war und sich die Anreise nach Milano und auch jede Sekunde der Vorfreude in den Wochen und Monaten vor dem Konzert sich mehr als nur ausgezahlt hatten. Wie gesagt: Ohne N. und ihre übrige 10C Karte und speziell ohne das Forum als “Handelsplattform” für all die Gleichbekloppten wäre ich vielleicht in Mailand gewesen, vielleicht auch im San Siro, aber ich hätte nicht im FOS gestanden. Und das dann auch noch nicht alleine tun zu müssen – wo doch schon die Kleine Schwester “ausfiel”, die normaler Weise zu solchen Events zwangsverpflichtet wird, das trug noch mehr zum Gelingen des Abends bei. Hätte ich ein “Buch der coolen Menschen”, N. würde da drin landen. Sie wäre auch nicht die einzige Person, die es in diesem Urlaub geschafft hätte in selbiges einzuziehen, wie die kommenden Konzerte und Abende vor selbigen noch zeigen sollten und wie es auch die #hochzeitammeer im Vorfeld schon getan hatte.

Ich für meinen Teil setzte dann zur Heimreise an und legte meinen üblichen Stechschritt ein, den ich im Normalfall nur an Arbeitstagen nutze um schnellstmöglich die knapp 2 Kilometer zum Büro zurück zu legen. Ich schoß förmlich an der im Chill-Out-Tempo dahin treibenden Masse der Menschen vorbei. Immerhin war mir bewußt, daß 1 Uhr die Metro ihren Dienst einstellt und ich am Dom umsteigen mußte. Ich flog die Treppen zur U-Bahn-Station förmlich hinunter und sprang noch im letzten Moment in die bereit stehende M1 – die rote Linie. Ein Blick auf die Uhr: 0:38 Uhr. Ich hatte noch die Chance den Anschlußzug zu bekommen – dachte ich zumindest. Als ich dann an der Stadion “Duomo” nämlich beschwingt auf den Bahnsteig der finalen M3 zu hielt – Gatter unten! Fuck! Das war 10 vor 1, also eigentlich unmöglich. Frustriert zog ich mir ein Wasser am Automaten und verließ die U-Bahn. Den Dom, der beim betreten des Domplatzes herrlich angestrahlt die Szenerie beherrschte nahm ich in dem Moment nicht wahr. Schnell die Schwester angefunkt – Zielzuweisung Straßenbahn erhalten. Haltestelle gefunden; jedoch fuhr da die Bahn nicht, obwohl sie es sollte. Ganz toll! Es dauerte eine halbe Stunde des Herumirrens durch Mailand, bis ich frustriert den Plan “Taxi” faßte. Was soll man auch machen, wenn einen selbst die befragten Polizisten auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse nur mit “Ähhhhhh, äääääähhhhhh, ähhhhhhhh…. Follow!!” abwimmeln und dabei wild gestikulierend auf eine Gruppe unfreundlicher Mitbürger mit ausgefeilteren Sprachkenntnissen (man nennt sowas mitunter “Einheimische”, allerdings waren auch ein paar Deutsche dabei) zeigen, die einen alles geben, nur keine vernünftige Antwort auf die Frage, wo man denn nun die ihnen eben beschriebene M3-Ersatzstation der Tram finden könne. So stellte ich mich dann also an der Taxi-Schlange an. Ab und an hielt dann sogar mal ein Taxi an und verkürzte diese – so etwa im 10 Minuten-Takt. Smiley mit herausgestreckter Zunge Nach einer guten halben Stunde schnappte ich eher zufällig ein Gespräch direkt vor mir in der Schlange auf. Ich hörte Unmutsäußerungen über die ÖPNV-Orga in Mailand, die ich nur zu gut verstehen konnte. Ich beschloß, mal kurz zu zu stimmen; zumal diese auch auf deutsch vorgetragen wurden. Es entwickelte sich dann ein nettes Gespräch, in dessen Verlauf wir nicht nur feststellten, daß wir alle drei auf dem Konzert waren, sondern auch, daß wir uns schon über Jahre aus dem deutschen Pearl Jam – Forum lesender Weise kennen. Tja, die Krönung wäre jetzt noch gewesen, wenn wir… war dann, daß wir auch noch im selben Hotel wohnten und eben dahin wollten – Gemeinschaftstaxi! Smiley Da steht man nachts nach 2 Uhr vor dem Dom in Mailand, einer 4-Millionen-Stadt, und sowas passiert… großartig, einfach großartig! Das Warten auf das Taxi war zusammen gleich weniger langweilig und frustrierend und ich nahm zu diesem Zeitpunkt auch den wunderschönen Dom in seiner Abendbeleuchtung erstmals bewußt wahr. Als wir dann vom Taxi eingesammelt wurden, gab ich dem Fahrer noch die Adresse des Hotels und wir fuhren durch die Nacht.

Am Hotel angekommen, verabschiedeten wir uns dann noch voneinander. In diesem Zusammenhang beste Grüße nach Wien an H. nebst Frau. Es war toll euch beide auf diese Weise kennen zu lernen; auch wenn der Anlaß (Heimfahrt mit Hindernissen) ein wenig ärgerlich war, so haben wir dann doch eine ziemlich coole Geschichte zu erzählen. Und euer Tourabschluß in Wien, der macht mich noch heute neidisch! Zwinkerndes Smiley

Ich möchte jetzt nicht auch noch ein Schlußfazit ziehen. Alle, die es bis hier hin durchgehalten haben meinem euphorisierten Geschwafel zu folgen, die können sich doch eh denken, wie der Abend für mich war. Es war – mit allem drum und dran – von der Location an sich, über das Public Viewing, den Opener, die Setlist, die Stimmung, die Leute die man traf (selbst der abzockerische Bierläufer war am Ende irgendwie witzig) einfach mehr als das, was ich mir im Vorfeld für mein 10. Pearl Jam Konzert ausgemalt hatte. Für mich war es einfach der perfekte Abend – der perfekte “Evening with Pearl Jam”!

… to be continued! Smiley mit geöffnetem Mund

Finale

PS: Habe ich eigentlich erwähnt, daß als Opener “Release” gespielt wurde? R-E-L-E-A-S-E!!!!!! Smiley mit geöffnetem Mund

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