(Motörhead)
Teil 1 unseres diesjährigen „Space
Hell Weekends“ liegt seit... naja, 13 Stunden ungefähr hinter mir.
Es war mir wie immer ein Fest, mit den Herren von Motörhead einen
Abend zu verleben. Laut, schnell und dreckig... wie das sein soll.
Aber der Reihe nach... .
Der Igor brachte uns am frühen Abend
nach Erfurt, was von unserer temporären Residenz in Jena aus auch
recht gut zu erreichen ist. Wir waren 2007 ja schon einmal zu
Motörhead in der Thüringenhalle und kannten die Location daher.
Jedoch hatten wir diesmal zunächst deutlich größere Probleme einen
Parkplatz zu finden als damals. Am Ende definierten wir uns zu
„Besuchern des Ministeriums“ und stellten uns einfach auf einen
Behördenparkplatz direkt neben der Thüringenhalle. Natürlich
hatten wir keine Ahnung, was das denn genau für ein „Ministerium“
war, war uns aber auch mumpe. Wir ließen die Jacken auf Grund der
Kürze des Weges einfach mal im Auto und latschten gen Halle. Vor
dieser war verhältnismäßig viel los, vor exakt 5 Jahren herrschte
relative Ruhe und wir konnten gemütlich hinein spazieren, wenngleich
die erste Vorband (wie auch gestern) schon in die Saiten griff. Wir
betraten also die Location, ließen uns nach Atomwaffen und
Kettensägen durchsuchen (hätte mich gewundert, wenn sie was
gefunden hätten, diese Eingangsfrotteure) und stiegen die Treppen
empor in den Saal. Dummer Weise hatten wir uns den Eingang auf der
Seite ausgesucht, wo uns die Herren-WC-Schlagen entgegen kam, so war
es etwas anstrengender in die Halle an sich vor zu dringen – wir
schafften es aber dennoch. Ich steuerte wie immer den Merch-Stand als
erstes Zwischenziel an und erwarb beim anglophonen
Baumwolltextilienvertriebler mein obligatorisches Tourshirt bevor wir
die Bar ansteuerten. Enttäuscht musste ich feststellen, daß es
dieses Jahr kein Kösti gab, vor 5 Jahren hatte ich dieses Angebot ja
noch gelobt, aber gestern war dies leider nicht möglich. Wir suchten
uns eine halbwegs ruhige Ecke und tranken erst einmal. Die erste
Vorband „Diary of a Hero“ (oder so) war mittlerweile Gott sei
Dank fertig, die waren absolut nicht mein Fall. Als zum Umbau für
Opener Nr. 2, die Szenegrößen von „Anthrax“, die Lichter wieder
an gingen, musste ich zunächst über den Dunst grinsen, der schwer
und zäh in der Halle hing. Rauchverbote bei Motörhead zu verhängen
ist ungefähr so effektiv wie Godzilla mit Fair-Trade-Kaffee zu
bewerfen. Als das Bier alle und das Licht wieder erloschen war,
betraten die Herren um Anthrax schließlich die Bühne. Wie gesagt
„Szenelegenden“, von denen Lemmy und die Seinen uns eigentlich
jedes Jahr eine gönnen. So habe ich schon Overkill oder Doro Pesch
sehen dürfen. Anthrax allerdings war und ist irgendwie mal so gar
nicht mein Ding. Die können gut spielen, haben ansatzweise wirklich
tolle Meldien, aber das Gesamtpaket läßt mich mehr oder weniger
kalt. Nicht mal dieser 80s Hairmetal-Einschlag kann das noch raus
reißen. Als sie fertig waren, orientierten wir uns noch ein wenig
weiter nach vorne, was praktisch automatisch ging, da sich in der
Umbaupause das Publikum schiffender oder Bier holender Weise
durchmengte. Das Kribbeln der Vorfreude stieg weiter, besonders, als
das Backdrop enthüllt und die Instrumente letztmalig gecheckt
wurden. Alles klar zum 5. Konzert der Herren, auf den Tag genau 5
Jahre nach Nr. 1 und auch noch in der selben Venue.
Die Lichter erloschen und es war
soweit: Motörhead betraten die Bühne. Jedes Jahr geschieht das auf
eine etwas andere Art. War letztes Jahr einfach alles nur dunkel und
von stroboskopartigen Lichtblitzen zerrissen, bevor ein geknurrtes
„Bomber“ erklang und gleichnamiger Song einsetzte, kamen Phil,
Mikkey D. und der Godfather of Rock 'n Roll, Lemmy, diesmal entspannt
auf die Bühne gelatscht. Ein paar kurze Worte ans erwartungsfroh
jubelnde Fußvolk und man stieg direkt mit „I know how to die“ in
den Abend ein. Gleich ein schöner, treibender Song am Anfang.
Gefolgt wurde er von „Damage Case“, vielen vielleicht auch in der
Cover-Version von Metallica bekannt, was die Stimmung weiter anzog.
Überdies wurde es während des 2. Songs spür- und hörbar lauter,
was ja auch irgendwie Tradition ist bei Motörhead; nur, daß sie es
mittlerweile nicht mehr extra betonen. „Stay Clean“ wurde in
einer richtig fetten Version ausgepackt gestern, gefiel mir sehr gut,
vor allem, als Überleitung zum ersten großen Highlight, dem nun
folgenden „Metropolis“, einem Monument von einem Song, passte es
einfach perfekt. „Metropolis“ hatte überhaupt sowas wie die
ultimative Eisbrecherwirkung für den Saal fand ich. Das knackte sie
alle, die ältere Generation 50+ ebenso wie die üblichen
Verdächtigen, die Kutten- und Lotenträger, aber auch die
offensichtlich auf Hipster getrimmten „optisch Deplatzierten“.
Man muss sich das mal vorstellen, einer von denen rief hinter uns
„Achtung, Vorsicht!!!!“ bevor er seinen abgemagerten
Hornbrillenkörper in Röhrenjeans, grauem Mantel und Herrenschal an
uns vorbei schob... sowas gehört sich einfach nicht! Bei Motörhead
rempelt man die Vorstehenden sanft beiseite und kippt ihnen noch ein
wenig des eben transportierten Bierchens über die Ärmel, das ist
Benehmen! Aber wie dem auch sei, Metropolis zündete die Halle und
„Over the Top“ legte noch ordentlich nach. Schöner, schneller
und hart aus den Boxen prügelnder Song. Gefolgt von „Dr. Rock“,
dem Opener von 2007 und somit dem ersten Motörhead-Song, den wir
jemals live um die Ohren gehauen bekamen. Das Niveau wurde dann bei
„The Chase is better than the Catch“ und dem hämmernden
Klassiker „Rock it“ locker gehalten, zwischendurch wurde noch ein
kleines Gitarrensolo eingewürzt, ebenso wie „The One to sing the
Blues“ mit dem gewohnt wahnsinnigen Drum-Solo verziert wurde. Es
ist unglaublich, was Mikkey D da hinter der Schießbude veranstaltet.
Jeder, der ein Mal so ein Drumsolo erlebt hat, wird das bestätigen!
Am geilsten zünden die Dinger meiner Meinung nach bei „In the Name
of Tradgedy“! Die nun folgende Troika zum Abschluß des Mainsets
war einer der Gründe, weshalb ich mich ganz besonders auf diesen
Part des Konzertes vorfreute. Zunächst mein Favorit aus der
Rotzpunkecke des Bandrepertoires „Going to Brazil“. Eine
hämmernde Homage an die Brasilianer und Sepultura, mit denen
Motörhead 2004 tourten. Dann kam das großmächtige „Killed by
Death“, einer Songmonster bei dem nur der Refrain (wenn man ihn
denn so nennen will), noch eingängiger ist als der Beat. Alleine das
finstere Lachen von Lemmy im letzten Songsdrittel ist es wert, daß
der gespielt wird. Außerdem kommt noch der Aktivitätsfaktor des
Publikums dazu. „Killed by Death“ kann schließlich jeder brüllen
– und das ungefähr 30 Mal bei diesem Song. Großarig! Hernach
folgte als Mainset-Closer mit „Ace of Spades“ die Visitenkarte
der Band. Das Stück, auf das auch die Gelegenheitskonzertgänger im
Endeffekt warten.
Die Pause fiel ein wenig länger aus
als in den letzten Jahren, aber dann standen sie doch wieder auf der
Bühne und präsentierten mit „Are you Ready“ ein Thin Lizzy
Cover. Schöner Song, tolles Cover der Jungs, auch wenn ich den
„Whorehouse Blues“ zugegebener Maßen ein wenig vermißt habe,
der hätte locker noch davor gepasst. Aber wir wollen nicht meckern.
Den Bass souverän umgeschnallt verabschiedete sich Lemmy noch von
uns indem er die Band vorstellte und sein Standardsprüchlein vor dem
letzten Song ins Mikro knurrte:
„Don't forget us! We are Motörhead,
and we play Rock and Roll!“
Dann schmiß man die Lichtorgel an und
imitierte das gewohnte Flakfeuer, sodaß von der Bühne an sich am
Ende schlicht nichts mehr zu sehen war. Nur diese zuckenden
Lichtblitze in der rauchgeschwängerten Luft zuckten über unsere
Köpfe während Mikkey D den Beat vom Standardcloser „Overkill“
über unsere Köpfe hinweg feuerte. Die Band stieg ein und der Song
walzte wie jedes Jahr nochmal alles platt, was die Dreistigkeit besaß
sich seiner Urgewalt in den Weg zu stellen. Nochmal kochte der Saal
ordentlich auf, was aber scheinbar hier und da auch mit ein paar
Blessuren einher ging – ein paar Leutchen konnten nur noch gestützt
den Saal verlassen. Die gewohnten 2 Scheinenden des Songs nahmen
immer mal noch ein bisschen mehr Fahrt auf und als er am Ende in
einem geloopten Dröhnen unterging und Motörhead die Bühne
verlassen hatten, wandten wir uns gen Ausgang.
Wir waren fix beim Igor und befanden
uns vor dem Ansturm der regulären Parker auf der Straße in Richtung
Autobahn, denn die mussten sich und ihre Vehikel erst aus dem großen
aber nur mit einer Ausfahrt versehenen Parkplatz heraus wuchten. Wir
hörten noch ein wenig Motörhead – Livealben im Auto und waren in
dann doch recht annehmbarer Zeit wieder in Jena. Das Fazit fällt wie
jedes Jahr wieder durchweg positiv aus. Ein geiles Konzert einer
großen, trotz ihres hohen Alter (Motörhead gibt’s mittlerweile
seit 37 Jahren, wie auch die Shirts stolz verkünden) noch frisch und
wuchtig agierenden Liveband in deren Zentrum Lemmy alles überstrahlt.
Mal sehen, wo es sie 2013 hin verschlägt. Three-O-City wäre mal
wieder dran, dann könnte ich auch mal wieder die Bierquote erfüllen. Jetzt sollte ich die Tastatur mal beiseite legen und mich so langsam auf die Rückkehr nach Erfurt einstellen. Heute wartet mit Monster Magnet ein mindestens ebenso großartiger Abend auf uns.
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